Mein Praktikum – von Silva Schilling

BERICHT GENADE

Seit etwa drei Tagen bin ich, Silva Boner, nun zurück in Deutschland. So langsam kommt auch meine Seele wieder hier an und ich werde versuchen die Erlebnisse, Eindrücke und Erfahrungen der letzten Wochen zu Papier zu bringen.

Meine Berührungspunkte mit Namibia und mit sozial benachteiligten Kindern waren bisher eher gering, daher hatte ich anfangs Bedenken, als ich von Barbara Winterfeldt die Möglichkeit bekam, ein Praktikum im Genade Kinderbewaarhuis anzutreten.

Der Aufbau des Projekts hat mich aber sehr angesprochen, gerade weil er klein und familiär wirkte. Diesen Eindruck kann ich im Nachhinein nur bestätigen, besonders positiv aufgefallen ist mir, dass es nicht aus deutscher Hand geführt, sondern vielmehr von dort aus geführt wird und somit die aktive Gestaltung und jegliche Umsetzung vor Ort geschieht.

So habe ich mich schlussendlich sehr gefreut, diese Reise anzutreten und „Teacher Silva“ zu werden.

Im Folgenden möchte ich kurz beschreiben, wie mein Alltag aussah.

Der Morgen begann meistens sehr gemütlich, da ich erst um 12:30 von meiner Unterkunft abgeholt wurde. Genau wie das Genade Kinderbewaarhuis liegt das Wadadee Guesthouse im Stadtteil Katutura.

Sobald ich das Tor öffnete, wurde ich herzlich begrüßt, von Kindern sowie von „Teachers“, „Aunties“ und der Hausmamma selbst. Von Tag eins an habe ich mich sehr willkommen gefühlt.

Die Atmosphäre war manchmal etwas chaotisch, wie eine große Familie eben. Deshalb würde ich Genade auch nicht als Kinderheim bezeichnen.

Die erste Stunde des Tages habe ich oft mit Kindern aus dem Kindergarten (der nebenher betrieben wird) verbracht. „Halli-Galli“ und „Blinde Kuh“ waren die Dauerbrenner schlechthin, aber auch Malen, erste Schreibversuche und Seilspringen machten den Kindern Spaß.

Nachdem gegen 13 Uhr die ersten Schulkinder durchs Tor geschlendert kamen, wurden erstmal die Schuluniformen gegen eigene Kleidung ausgetauscht und zu Mittag gegessen.

Wie man vielleicht schon ahnt, steht es um die Qualität der öffentlichen Schulen in Windhoek eher schlecht. In meiner Zeit habe ich mich vor allem um fünf Kinder gekümmert. Zwei von ihnen besuchten die erste Klasse. Hier gab ich mein Bestes, sie beim Lesen lernen und Zahlen schreiben zu unterstützen.

Einem der Zweitklässler diente ich oft eher als Motivationstrainerin, denn die Schulaufgaben konnte er eigentlich größtenteils selbst erledigen. Außerdem bekam ich täglich, mal mit mehr, mal mit weniger Begeisterung, eine Kurzgeschichte von zwei Kindern vorgelesen. Mit den beiden Drittklässlern habe ich auch fleißig das kleine Einmaleins aufgesagt und es auf die verschiedensten Weisen abgefragt.

Die Kinder waren oft schnell frustriert oder abgelenkt, hier war dann etwas Kreativität gefragt, und so hatte ich letztendlich trotzdem immer das Gefühl, dass eine individuelle Zuwendung den Kindern guttat. Wie schon beschrieben, ist das Umfeld in Genade familiär und liebevoll, dennoch kann man als einzelnes Kind tagsüber im Getummel der vielen anderen Kinder schon einmal etwas untergehen.

Nachdem die Schulaufgaben erledigt waren, haben wir oft zusammen gespielt, in den Ferien haben wir viele Armbänder geknüpft und Kekse gebacken.

Aber nicht nur ich habe den Kindern etwas beigebracht, sondern ich selbst habe unglaublich viel dazugelernt. Ich habe in meiner doch eher kurzen Zeit die Möglichkeit bekommen in eine neue Kultur einzutauchen und sie in ihrer Vielschichtigkeit zu erleben.

Zu Beginn hatte ich das Gefühl eine aktive Haltung einnehmen zu müssen, schnell habe ich mich dann aber dazu entschieden, mich vom bestehenden Alltag führen zu lassen. So konnte ich mich genau dort einbringen, wo Bedarf war.

Zwischen 20 Kindern und einer „Halli-Galli“-Klingel die Ruhe zu bewahren, erfordert manchmal starke Nerven und eine ordentliche Portion Gelassenheit, die ich mir auch für mein Leben zurück in Deutschland eingepackt habe.

Im Laufe meines Aufenthalts habe ich sowohl in Genade, als auch außerhalb unglaublich tolle Menschen kennengelernt. Die Begegnung mit ihnen hat mich in vielerlei Hinsicht bereichert. Durch sie konnte ich die Spontaneität und Leidenschaft, die dort in der Luft liegen, förmlich aufsaugen. Es ist schwer, das Lebensgefühl und das Miteinander treffend zu beschreiben, aber ich habe es sehr genossen und davon persönlich profitiert.

Ich kann nur allen empfehlen, selbst ein bisschen namibisches Lebensgefühl einzuatmen und sich von der überwältigenden Natur beeindrucken zu lassen.